Finanz-Influencer: Expertise ja, Vertrauen nein

Ein Artikel von red | 28.07.2022 - 08:16

Digitale Medien wie Social Media, Blogs und Podcasts gewinnen als Informationsquelle für Finanzthemen immer stärker an Bedeutung. Dennoch können sich Influencer in diesem Bereich nicht durchsetzen. Der Hauptgrund dafür ist das mangelnde Vertrauen in ihre Expertise. Das zeigt die Umfrage der Verbraucherkreditplattform Younited zur Meinungsbildung im Finanzbereich. Die repräsentative Umfrage wurde vom Meinungsforschungsinstitut YouGov Mitte Juni unter 2.040 Teilnehmern durchgeführt.

Influencer haben sich in vielen Wirtschaftsbereichen ihren festen Platz im Marketinggefüge erarbeitet. Doch in einem Bereich spielen sie bisher kaum eine Rolle: Finanzen. Bis auf wenige Ausnahmen setzen große Finanzdienstleister bisher kaum auf diese Form des Marketings. Dabei gewinnen viele Finanzthemen – von der Geldanlage über Kreditabschlüsse bis hin zur Altersvorsorge – bei einer jüngeren, Social Media-affinen Zielgruppe immer mehr an Bedeutung.

Die aktuelle Umfrage von Younited und YouGov untersucht nun die Perspektive von mehr als 2000 Endnutzer auf die Rolle von Social Media und Influencer in der Auseinandersetzung mit Finanzthemen. Befragt wurden die Studienteilnehmern unter anderem zu ihrem Finanzbildungsstand, ihren bevorzugten Informationsquellen, ihrer Interaktion mit Influencer und der Einschätzung ihrer Vertrauenswürdigkeit. 

Social Media und Podcasts gewinnen bei jüngeren Nutzern an Bedeutung

Die bevorzugten Informationsquellen der Teilnehmer in Bezug auf Finanzthemen sind noch immer Fernsehen (27%), Freunde und Familie (26%) sowie Bank- und Finanzberater (25%). Tageszeitungen und Magazine in gedruckter Form verlieren vor allem bei jüngeren Zielgruppen weiter an Bedeutung. Nur 17 Prozent der 18-24-Jährigen und nur 16 Prozent der 25-34-Jährigen nutzen sie zur Informationsgewinnung.

Digitale Medien, vor allem Social Media, Podcasts und Blogs, werden als Informationsquelle immer wichtiger für jüngere Zielgruppen. Während die Zielgruppe 55 Jahre und älter sie kaum zur Finanzbildung nutzt (Social Media 7%, Blogs 8%, Podcasts 3%), setzt die Gruppe zwischen 25-34 Jahre verstärkt auf diese Quellen (Social Media 37%, Blogs 19%, Podcasts 13%).

Finanz-Influencer genießen bisher kaum Vertrauen

Mit Blick auf Finanzthemen setzen allerdings nur wenige Befragte bisher auf den Rat von Influencern. Nur 15 Prozent folgen einem/einer Influencer zu Finanzthemen auf Social Media. Allerdings zeigt sich hier wieder ein deutlicher Unterschied bei den Zielgruppen. Bei den jüngeren Altersgruppen 18-24 bzw. 25-34 sind Finanz-Influencer aktuell bereits deutlich populärer (41% bzw. 28%) als bei den älteren Altersgruppen 45-54 bzw. 55 und älter (13% bzw. 3%).

Die Studie zeigt: Die Ursache für die überschaubare Relevanz von Influencer bei Finanzthemen liegt im mangelnden Vertrauen gegenüber ihrer Kompetenz begründet. Die meisten Teilnehmer haben kein oder kaum Vertrauen (40% bzw. 25%). Das mangelnde Vertrauen ist größtenteils altersunabhängig. Mehr als die Hälfte (52%) aller Befragten gibt als Grund dafür die mangelnde Expertise der Influencer an. Weitere Gründe sehen die Studienteilnehmer im Interessenskonflikt zwischen Information und bezahlter Werbung (44%) sowie einer unverständlichen Aufbereitung des Finanzwissens (13%).

Damit Finanz-Influencer (Finfluencer) bei ihren Zielgruppen an Vertrauen gewinnen, müssten sie laut Umfrage über einen beruflichen Hintergrund im Finanzbereich verfügen (28%) oder finanziell erfolgreich sein (16%). Dabei können Influencer auch im Finanzbereich, wenn sie als vertrauenswürdig wahrgenommen werden, die Entscheidungsfindung ihres Publikums beeinflussen. Von den 300 Befragten, die angaben einem/einer Finanz-Influencer zu folgen, haben immerhin 55 Prozent schon einmal bei einer Finanzentscheidung auf den Rat des/der Influencer gehört.

 

Aktien, ETFs und Kryptowährungen spielen die Hauptrolle auf Social Media

Wenn es um die Themenauswahl auf Social Media geht, suchen die Teilnehmer der Studie am häufigsten Inhalte zu Aktien, ETFs und Kryptowährungen (17%). Eher klassische Finanzthemen wie Versicherungen (11%), Altersvorsorge (10%), Immobilienkauf (8%), Konten (6%) oder Kreditanbieter (5%) lagen dagegen in der Wahrnehmung deutlich dahinter. Hier zeigt sich eine deutliche Lücke, die große Finanzdienstleister, Versicherungskonzerne und Fintechs bisher noch kaum zu besetzen scheinen.

„Unsere Studie zeigt deutlich, dass eklatante und alarmierende Wissenslücken im Finanzbereich bestehen: rund ein Viertel aller Befragten informiert sich grundsätzlich nicht zu finanziellen Themen“, sagt Jana Koch, CMO von Younited. „Das Potential für Influencer-Marketing im Finanzbereich ist jedoch zweifellos vorhanden. Den Menschen fehlt es von Seiten der Influencer:innen am häufigsten an beruflicher Expertise. Diese Lücke können klassische Finanzinstitute besonders für sich nutzen, da sie das gewünschte Know-how mitbringen. Sie haben hier die große Chance, insbesondere die Bereiche zu besetzen, die bisher kaum thematisiert werden, wie beispielsweise Konten und Kredite. Dadurch können sie eine junge Zielgruppe mit ihrer Expertise überzeugen und so frühzeitig an sich binden. Besonders überraschend war für uns, dass vor allem einkommensstarke Haushalte (ab 5.000 Euro Nettoeinkommen) sich intensiv auf Social Media über finanzielle Themen informieren, Influencer:innen folgen und insbesondere ihre Ratschläge für finanzielle Entscheidungen auch bereits umgesetzt haben. Wir sind gespannt, wie diese Entwicklung weitergehen wird.“

Über die Studie (Methodik): Die Umfrage wurde vom Meinungsforschungsinstitut YouGov unter 2.040 Teilnehmern durchgeführt und ist bevölkerungsrepräsentativ nach Alter, Geschlecht und Region. Die Umfrage basiert auf Online-Interviews mit Teilnehmern des YouGov Panels Deutschland. Befragt wurden die Teilnehmer u.a. nach ihrem Finanzbildungsstand und ihren bevorzugten Informationsquellen. Einen Schwerpunkt der Studie bildete die Rolle und Wahrnehmung von Finanz-Influencern. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren. Der Erhebungszeitraum lag zwischen dem 14.-16.06.2022.