Basierend auf 300 Einzelkriterien lässt sich so ein differenzierter, zielgenauer und transparenter Vergleich der Geldinstitute vornehmen. Zu den zwölf untersuchten Dimensionen zählen neben Website, Online-Banking, Mobile App(s), Social Media und Preistransparenz nun erstmalig auch Innovation und Nachhaltigkeitsagenda. Spitzenreiter in Deutschland ist in diesem Jahr die Sparda-Bank BW, gefolgt von Deutschlands größter Sparkasse, der Hamburger Sparkasse. Die Top 5 werden komplettiert von der Deutschen Postbank, ING und der Deutschen Bank. Die vormals top platzierte N26 rutscht in der Rangliste deutlich ab und belegt lediglich den 17. Platz.
Bereits bestehende Entwicklungen hin zu einem verstärkten Digitalisierungsschub wurden durch die Covid-19-Pandemie als Katalysator noch einmal beschleunigt. Banken sind daher zunehmend dazu angehalten, nicht bloß auf entsprechende Entwicklungen zu reagieren, sondern Wandel auch zu antizipieren. Dazu gehört, die eigenen Angebote und Dienstleistungen in der Digitalwelt frühzeitig und zukunftsgerichtet zu gestalten und auszubauen. Wie die Banken dabei abschneiden und welche (Fehl-)Entwicklungen auftreten können, zeigt die aktuelle Edition des „Finnoscore Deutschland“: Die Ergebnisse verschaffen einen umfangreichen Über- und Einblick in die Digitalangebote deutscher und internationaler Kreditinstitute und zeigen auch im Vorjahresvergleich auf, wie die jeweiligen Banken in Relation zu internationalen Mitbewerbern abgeschnitten haben.
Digitale Reife und Innovationserlebnis von Banken aus Sicht von (Neu-)Kunden
Die Beratungsboutique Finnoconsult, welche auf die Entwicklung digitaler Services für Banken und Versicherungen spezialisiert ist, ermöglicht eine objektive Experteneinschätzung der digitalen Reife und des Innovationserlebnisses von Banken aus Sicht der bestehenden Kunden und potenzieller Neukunden. Hier fließt beispielsweise ein, wie die Institute sich und ihre Angebote auf ihrer Website präsentieren, welche Vorteile es hat, Kunde zu werden bzw. zu sein und wie transparent die Preise dargestellt werden. Der Finnoscore offenbart zudem, ob und welche Bemühungen der Banken seit dem letzten Ranking gefruchtet haben und welche Banken Gefahr laufen, den Anschluss zu verlieren. Bestes Beispiel: Letztes Jahr noch Branchenprimus, ist die N26 in der diesjährigen Analyse auf Platz 17 zurückgefallen. Der vormalige Zweitplatzierte, die Nassauische Sparkasse, hat sechs Plätze eingebüßt, während die Deutsche Bank – trotz einer Verbesserung ihres Scores – von Platz 3 auf Platz 5 abgerutscht ist.
Viele traditionelle Banken haben ihre Hausaufgaben gemacht
Eine Schlüsselerkenntnis der diesjährigen Studie: Einige etablierte Banken haben in den letzten Monaten viel Aufwand betrieben, um ihre digitale Performance zu steigern – mit Erfolg. Hier ist allen voran der diesjährige Spitzenreiter, die Sparda-Bank BW zu nennen, welche sich von Platz 19 auf den 1. Platz katapultiert hat. International auf Platz 5 unter mehr als 220 Banken, ist sie der größte Aufsteiger aller Banken in der gesamten diesjährigen Analyse. Auf Platz 2 und 3 im deutschen Ranking folgen die weiteren Top-Aufsteiger, die Commerzbank und die Deutsche Postbank. In den Top 10 finden sich zudem fünf deutsche Sparkassen. Einige Banken, die noch vor einem Jahr sehr gut abschnitten, haben sich auf ihren Lorbeeren ausgeruht und sind nun in der Folge in der Liste abgerutscht, mit dem Ergebnis, dass die Schere zwischen der besten und der schlechtesten Bank im Finnoscore 2022 noch weiterauseinandergeht. Insbesondere die Neo-Banken haben sich in ihren Bemühungen, nach einer gelungenen Offensive zur Kundengewinnung zum komplexeren Angebotsspektrum traditioneller Banken aufzuschließen, verzettelt.
N26 – vom Spitzenplatz ins untere Mittelfeld
Letztes Jahr noch Top-Platzierung mit 6,88 Punkten, verliert die N26 im aktuellen Finnoscore -0,94 Punkte und muss sich bei einem Score von 5,94 mit Platz 17 im Mittelfeld einreihen. Der größte diesjährige Absteiger ist in der Vergangenheit rasch gewachsen und war daher bestrebt, seine Produktangebote und folglich die Website auszuweiten. Dies ging deutlich zu Lasten der Übersichtlichkeit und der Preis-Transparenz, die auch aufgrund einer komplexeren Darstellung ein Stück weit verlorengegangen sind. Ein weiteres Manko: Die Chat-Funktion wurde eingestellt, was die ohnehin limitierten Möglichkeiten, mit der Bank Kontakt aufzunehmen, weiter erschwert. „Die N26 kämpft an vielen Fronten, vor allem aber mit ihrer Profitabilität. Um am Markt bestehen zu können, hat die Bank das Produktangebot weiter ausgebaut. Dadurch ist aber ein gutes Stück weit auch die Einfachheit in der Präsentation des Angebots verlorengegangen“, so Christian Berger, Co-Founder und Geschäftsführer bei Finnoconsult.
Nachhaltigkeit – mehr als nur ein Trend?
Bei den Themenschwerpunkten bestätigt sich ein Branchentrend, der sich bereits im vergangenen Finnoscore 2021 abgezeichnet hat: Langfristige Kundenbeziehungen werden noch wichtiger und daher systematisch gepflegt. 97 Prozent aller analysierten deutschen Banken bieten Initiativen zur Kundenbindung an, teilweise sieht man auch schon ausgeprägte Ökosystem-Angebote wie zB bei der Sparda Bank BW. Wie in anderen Branchen gewinnt auch bei Banken das Thema Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung und hält nicht nur in der Digitalpräsenz Einzug. 47 Prozent der deutschen Banken setzen bereits auf konkrete Initiativen, die Produkte oder Beiträge von Mitarbeitern einschließen – auf internationaler Ebene liegt der Schnitt lediglich bei 29 Prozent.
Zum deutschen Vorzeigebeispiel im Bereich Nachhaltigkeit zählt aktuell die ING, die schon auf ihrer Startseite nachhaltige Produkte und Services gut erkennbar hervorhebt und ausführliche Informationen darüber bereitstellt. Dazu gehört auch die aktive, vorbildliche Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements der Mitarbeiter ("FAIRantwortung"). Es gibt allerdings vielerorts noch Luft nach oben, beispielsweise bei der Attraktivität für potenzielle Neukunden. Zwar stieg hier bei deutschen Banken der durchschnittliche Wert von 17 Prozent im letzten Jahr auf nunmehr 27 Prozent, verglichen mit dem internationalen Durchschnitt (38 %) hinken die deutschen Vertreter in dieser Dimension allerdings noch deutlich hinterher. Im Bereich Co-Creation als kundenzentriertem Entwicklungsansatz, weisen 37 Prozent der deutschen Banken aktive Initiativen auf, wie zum Beispiel das Involvieren der Kunden in die Produktentwicklung. Boden gut gemacht haben viele Institute in Bezug auf die Kommunikation ihrer digitalen Innovationen – entsprechende, für den Kunden sichtbare Initiativen, gehören inzwischen bei 67 Prozent der Banken zum fixen Bestandteil des Webauftritts.
Sparda-Bank BW als deutscher Sieger, osteuropäische Banken erneut Spitze
Der deutsche Sieger, die Sparda-Bank BW, konnte auf einer Skala von 0 bis 10 im Vorjahresvergleich um +1,79 auf insgesamt 7,22 Punkte zulegen und punktet besonders bei der Attraktivität für potenzielle Kunden. Die Kontoeröffnung kann jetzt direkt von der Startseite initiiert werden und auch die Vorteile, Kunde zu werden, sind sehr übersichtlich dargestellt. TEO, die App für Mobiles Banking, bietet mittlerweile viele hilfreiche Funktionen und auch die Online Services sind gut beschrieben und einfach zu finden. „Die Sparda-Bank BW setzt auf einen sehr ganzheitlichen Ansatz, der sowohl potenzielle Neukunden als auch Bestandskunden treffsicher abholt. Die Einfachheit des digitalen Angebots wird nicht nur stets verbal betont, sondern an vielen Stellen der gesamten User Journey auch sehr klar verdeutlicht“, so Christian Berger. Das gelungene Gesamtpaket macht sich auch beim Abschneiden im internationalen Vergleich bemerkbar – hier rangiert die Sparda-Bank BW auf dem 5. Platz, Spitzenreiter ist wie im Vorjahr die polnische Bank PKO Bank Polski (7,40), die u. a. beim Online-Marketing und der Preis-Transparenz noch besser abschneidet. Polen, die Slowakei und Tschechien machen sich im Länderranking die Spitzenplatzierungen aus, als Bankengruppe sticht die Erste Group hervor mit 3 Top 5 Platzierungen im diesjährigen internationalen Ranking.
Licht und Schatten bei deutschen Großbanken
Auffallend positiv zeigt sich beispielsweise die Deutsche Bank in den Bereichen Innovation und Nachhaltigkeit. Der Fokus auf Innovation ist klar auf der Internetpräsenz erkennbar. Die Wichtigkeit des Themas Nachhaltigkeit zeigt sich auch in der Banking-App: Diese umfasst ein Feature, das den Kunden ihren CO2-Ausstoß anzeigt. Aus dem Finnoscore geht allerdings auch hervor, dass das Unternehmen Defizite im Bereich Loyalty & Ökosystem aufweist. Hier fehlen klare Kundenbindungsprogramme und die Vorteile, Kunde zu sein, sind nur auf ein Kontoprodukt (BestKonto) beschränkt. Die DKB wiederum steht für ein hohes Maß an Attraktivität für potenzielle Kunden, das On-Boarding kann direkt auf der Startseite beginnen. Dafür stehen nur limitierte Kontaktmöglichkeiten zur Verfügung und es fehlen Feedback- und Diskussionsmöglichkeiten für Kunden. Geht es um Social Media & Community, gehört die Commerzbank zu den Top-Performern: Sie punktet mit einer breiten Präsenz auf verschiedenen Social-Media-Kanälen, inkl. Business-Netzwerken. Zudem wird stets und angemessen auf App-Bewertungen der Kunden eingegangen. Nachholbedarf offenbart sich im Online-Marketing, wo das Unternehmen eine ausbaubare Leistung im Bereich SEO (inkl. niedriger Seitenlade-Geschwindigkeit) verzeichnet.
Diffuses Bild im DACH-Raum
Erstmals führt eine österreichische Bank das Ranking im DACH-Raum an: Die Erste Bank Österreich belegt hier mit 7,36 Punkten den Spitzenplatz (im internationalen Vergleich Platz 2). Sie kann dabei mit einer hohen Attraktivität für potenzielle Neukunden sowie einem sehr guten Loyalty & Ökosystem punkten. Zusätzlich überzeugt sie bei Innovation und Nachhaltigkeitsagenda mit dem hauseigenen sLab, wo Kunden seit Jahren eigene Ideen in die Produktentwicklung einbringen können. Beim Top 10-Gesamtbild des DACH-Raums liegen die deutschen Banken klar vorne, sie stellen 6 der 10 Banken, Österreich ist mit drei Banken vertreten. Auffallend: Das „Bankenland“ Schweiz stellt mit der Credit Suisse lediglich Platz 10 im Ranking.
Die deutsche Bilanz kann sich auch im internationalen Gesamt-Ranking sehen lassen, wo das Land von dem 8. auf den 4. Platz klettern konnte. „Die Ergebnisse des DACH-Raums lassen nur schwer ein einheitliches Fazit ziehen. Die schweizerischen Kandidaten sind in den Top 10 des DACH-Raums zwar unterrepräsentiert, schneiden aber im internationalen Ländervergleich mit Platz 6 im oberen Viertel gut ab – zwei Plätze hinter Deutschland. Österreich wiederum stellt mit der Ersten Bank einerseits ein Flaggschiff, liegt aber andererseits in der Breite nur im internationalen Mittelmaß. Deutschland zeigt sich insgesamt sehr gut aufgestellt und kann sowohl im DACH-Raum als auch im Ländervergleich überzeugen“, resümiert Christian Berger die Entwicklungen. „Abschließend kann man sagen, dass, wie die Sparda-Bank BW diesmal bewiesen hat, traditionelle Banken durchaus in der Lage sind aufzuholen und mit dem Tempo, das die Digitalisierung vorgibt, mitzuhalten. Dennoch ist stark davon auszugehen, dass auch die Neo-Banken in Zukunft ihre Chance wahren wollen und an den richtigen Stellschrauben drehen werden, um im nationalen und internationalen Wettbewerb wieder vorne anzugreifen.“