Auch in diesem Jahr veröffentlicht das Analytiksoftware-Unternehmen Fico die European Fraud Map. Die, in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Euromonitor, erstellte Karte bietet Einblicke zu den Entwicklungen im Kreditkartenbetrug in Europa. Während 2018 von großen „Data Breaches“ geprägt war, welche Betrügern Tür und Tor öffneten, gewann Europa wieder Boden im Kampf gegen Kreditkartenbetrug. Die Mehrheit der betrachten Länder konnte im letzten Jahr abnehmende Betrugsverluste vorweisen. So wurden die Schäden in Europa im Vergleich zu 2018 um mehr als zwei Prozent (38 Millionen Euro) gesenkt.
Deutschland – langsam, aber stetig
Hierzulande wurden die Verluste durch Kreditkartenbetrug um einen Prozentpunkt von 92,6 Millionen auf 91,5 Millionen Euro gesenkt. Dieser Trend hält schon seit 2010 an: Seit dem damaligen Schaden-Höchststand von 139,4 Millionen Euro sinken die Zahlen bei uns kontinuierlich. Wie in fast allen anderen europäischen Ländern ist der sogenannte „Card-Not-Present“ (CNP) Betrug die mit Abstand am häufigsten (86 Prozent) genutzte Masche der Kriminellen.
„In Deutschland scheint es auch 2019 keine nennenswerte Entwicklung bei der Betrugsvermeidung zu geben. Während Finanzinstitute zwar die Card Not Present (CNP)-Bedrohung besser in den Griff bekommen, schaffen sie es nicht, die damit verbundenen Verluste entsprechend zu reduzieren. Viele Banken glauben offenbar, dass sie mit ihren bereits ergriffenen Maßnahmen schon an der Spitze in Sachen Prävention angelangt sind. Um die Abnahme in Sachen Kreditkartenbetrug zu erreichen, die andere europäische Länder erzielen konnten, müssen sie ähnliche Maßnahmen in Betracht ziehen“, so Jörg Reuter, Senior Consultant bei Fico. „So setzen Finanzinstitute in Deutschland immer noch stark auf regelbasierte Betrugsprävention. Damit erzielen sie nicht die gleichen Präventionsraten und die gute Kundenerfahrung, die Banken in anderen Ländern erreichen, wo viel stärker auf Enterprise- Plattformen und Advanced Analytics-Lösungen gesetzt wird.“
CNP-Betrug – das Schreckgespenst in Europa
CNP-Transaktionen sind für Konsumenten und Verkäufer so komfortabel wie gefährlich. Unter dieser Transaktionsart versteht man alle Bezahlvorgänge, bei denen dem Verkäufer während der Bestellung die Kreditkarte nicht vorgelegt werden kann, beispielsweise im Versandhandel. Händler wissen so nicht, ob ein Betrüger oder der Karteninhaber den Kauf autorisiert. Auch der Card Validation Code ist hier nur eine schwache Hilfe. Denn Betrüger nutzen immer ausgefeiltere Social Engineering Methoden, um sich diese Nummer und andere Verifizierungsfaktoren zu erschleichen. Predictive Analytics sind für Banken hier der nächste Schritt im Kampf gegen diese Betrugsmasche. Hierbei werden Transaktionen mit typischen Verhaltensmustern von Käufern abgeglichen. CNP-Betrug weicht oft von diesen ab und kann dadurch einfacher erkannt werden.
Europa – heterogen im Betrugsumfang
Auch wenn Europa insgesamt einen kleinen Sieg gegen Betrüger errungen hat, sehen die Fakten in den Ländern sehr unterschiedlich aus. Eine Sonderstellung nimmt hier Großbritannien ein. Mit 706,9 Millionen Euro Betrugsvolumen in 2019 fallen dort knapp 45 Prozent der Betrugsverluste in Europa an. Im Vergleich zu 2018 haben die Briten es aber geschafft, diese Zahl um immerhin 51,7 Millionen Euro zu senken.
Da die Betrugsverluste in Großbritannien allein mehr abgenommen haben als in Europa insgesamt, stellt sich also die Frage: Woher kommt diese Differenz? Vor allem die beiden negativen Ausreißer Frankreich und Italien zeigen sich mit insgesamt 13,6 Millionen Euro mehr Betrugsvolumen dafür verantwortlich. Aber auch hier ist die extreme Heterogenität in Europa sichtbar: Während die Betrugszunahme in Frankreich nur eine geringe Veränderung (zwei Prozent) darstellt, ist die Zunahme in Italien mit zehn Prozent nicht nur eine kleine Anomalie.