Michael Beckley ist Gründer und CTO von Appian. Er treibt die technische Vision des Unternehmens voran, leitet die Marketingteams für Produkte und Lösungen von Appian und beaufsichtigt Kundeninitiativen weltweit. Michael ist Mitglied des Industrial Advisory Board des Computer Science Department der University of Virginia und Absolvent des Dartmouth College.
Sie haben Marinegeschichte und Militärgeschichte studiert. Wie kommt hier zur Technologie? Und dazu ein Technologieunternehmen zu gründen.
Michael Beckley: In der Schifffahrt und beim Militär waren es immer technische Innovationen, die weitergebracht haben. Als Experte in Marinegeschichte muss man daher immer erst die Technologie verstehen, um weiterzukommen. Und im Unternehmen meines Vaters habe ich mich damals um die IT gekümmert. Ich wollte nie ein Unternehmen führen, denn die Diskussionen mit Kunden über Geld sind nicht mein Fall, mich interessiert die Technik und Innovation. Und ich hatte zum Glück technisch orientierte Freunde, die ein Unternehmen gründen wollten. Wir sind gestartet mit dem Ansatz ein Unternehmen für Enterprise Software zu gründen, haben aber mit Consulting begonnen. Vielen Unternehmen war klar, dass sie sich den damals noch relativ neuen Technologien öffnen müssen, aber sie wussten nicht wie. Durch unsere Beratung haben wir einen „cultural algorithm“ geschaffen, der Unternehmen für Technologien öffnet. Wir haben schnell Kunden aus dem Bereich Banken und Versicherungen gehabt und sogar die Regierung beraten.
Appian ist dabei kein gewöhnliches Unternehmen, wir sind immer aus uns herausgewachsen. Die einzige Finanzierung, die wir in Anspruch genommen haben, waren zehn Millionen Dollar vor unserem IPO – eine kleine Summe im Vergleich zu den heutigen Zahlen.
Appian…wie kamen Sie auf den Namen?
Michael Beckley: Als wir das Unternehmen gründeten, haben wir wie jedes Startup lange überlegt, wie wir unsere Unternehmen nennen sollten. Wir haben einen zeitlosen Namen gesucht, der unseren Ansatz darstellt. Wir Gründer sind alle an Geschichte interessiert, besonders an der der Antike und dann kam die Schwester eines Gründers auf die Via Appia – Appian. Das war unser Heureka. Eine strategische Verbindung, die nach vielen hunderten von Jahren immer noch existiert, mit damals einer klaren Roadmap der Weiterentwicklung und der Pflege. Und der Name fängt auch noch mit A an, was für ein Startup auch wichtig ist, oben gerankt zu werden.
Und dann haben Sie sich Low Code zugewandt. Aber es gibt viele unterschiedlichen Formen von Low Code. Worin besteht das größte Missverständnis?
Michael Beckley: Die Unterschiede bei Low Code können riesig sein. Es gibt einfache Anwendungen, die perfekt für die Teamarbeit geeignet sind, mit denen sich schnell Apps erstellen lassen. Aber es gibt Low Code Plattformen, die für komplexe Geschäftsprozesse gemacht sind – das ist unser Ansatz. Beides hat wenig gemeinsam. Unser Ansatz ist nicht das Visual Design, das lässt sich einfach umsetzen, sondern das Process Management.
Low Code lässt sich mittlerweile durchaus als Mainstream bezeichnen. Ein Gartner Forecast meint beispielsweise, dass bis 2024 75 Prozent der größeren Unternehmen Low Code nutzen werden. Was kommt als nächstes?
Michael Beckley: Ich würde sagen, dass Data Fabric künftig Low Code ergänzen wird. Eine Data Fabric ist eine Architektur und ein Satz von Datendiensten, die konsistente Funktionen über eine Reihe von Endpunkten bieten. Dabei handelt es ist eine leistungsstarke Architektur, die bewährte Verfahren und die praktische Umsetzung des Datenmanagements in allen Cloud-, On-Premises- und Edge-Geräten standardisiert. Zu den vielen Vorteilen einer Data-Fabric-Strategie gehören auch die Datentransparenz und Einblicke aus Daten, Datenzugriff und -kontrolle, sowie der Datenschutz und die Sicherheit ganz oben auf der Liste.
Eine Data Fabric ist im Kern eine integrierte Datenarchitektur, die anpassungsfähig, flexibel und sicher ist. In vielerlei Hinsicht ist eine Data Fabric ein neuer strategischer Ansatz für den Storage-Betrieb in Ihrem Unternehmen, der die Stärken von Cloud, Core und Edge optimal ausschöpft. Die Lösung erreicht alle Standorte, einschließlich On-Premises, Public und Private Clouds sowie Edge- und IoT-Geräte – und bleibt dabei zentral verwaltet.
Vorbei sind die Zeiten der uneinheitlichen, getrennten Infrastrukturen und Datensilos in der Größe von Hochhäusern. Eine Data Fabric basiert auf umfangreichen Datenmanagement-Funktionen, die für Konsistenz in Ihren integrierten Umgebungen sorgen. Sie verringert langwieriges Management durch die Automatisierung, beschleunigt die Entwicklung/Tests und die Implementierung und schützt Ressourcen rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr.
Low Code bei Banken
Herbert Schild ist Global Financial Services Industry Lead bei Appian. In dieser Position ist er für die Go-to-Market-Strategie, Industrietrends, Produkt- und Dienstleistungsentwicklungen von Appian für den Finanzdienstleistungssektor (Banken, Kapitalmärkte, Private Equity, Hedgefonds, FinTech, Blockchain und Krypto) in der gesamten EMEA-Region, im Nahen Osten sowie für strategisch, ausgewählte Kunden in den USA und der APAC Region verantwortlich. Herbert Schild ist außerdem Appians‘ treibende Kraft für alle ESG-, Nachhaltigkeit- und Net-Caron-Zero-Thematiken im Bereich Finanzdienstleistungen. Vor seiner Tätigkeit bei Appian war Herr Schild in leitenden Positionen bei der Santander Bank US tätig, wo er den operationellen Bankbetrieb und die 1st Line of Defense überwachte, sowie als Business Partner bei Dell EMC, PricewaterhouseCoopers (PWC) und Ernst & Young (EY) tätig war. Herr Schild hat einen Master of Business Administration (MBA) im Bereich Finanzwesen von der Suffolk University, Boston, USA, und einen Bachelor of Liberal Arts (BA) in Neuropsychologie von der Northeastern University, in Boston, USA. Er studierte Europarecht an der Universität Wien, Österreich und ist ein anerkannter und nachgefragter Sprecher und Vortragender für alle Themen im Finanzdienstleistungsbereich. © Fotostudio T.W. Klein www.tw-klein.com
Banken sind mehr denn je unter enormen Kostendruck und müssen zur gleichen Zeit einem immer mehr steigenden digitalen Anforderungskatalog ihrer Kunden gerecht werden und all diese unter dem Gegenwind der Konkurrenz sowie der immer weiter vordringenden FinTechs. Daher ist das Interesse an Low-Code sehr hoch, da Banken hier nicht nur sehr schnell neue Applikationen, Produkte, und Finanzdienstleistungen kreieren und digitalisieren können, sondern vor allem die damit zugrunde liegenden Prozesse und Arbeitsabläufe entsprechend automatisieren können.
Desweiteren ist die unglaubliche Flexibilität im Hinblick der schnellen Änderungen und Anpassung von Prozessen, User Interfaces, Formularen und Integrationen mit internen Systemen und externen Dienstleistungsgesellschaften sehr attraktiv, um hier die Investitionsrentabilität auf viele Jahre zu sichern und Kosteneinsparungen zu erzielen. Wann hat diese Entwicklung begonnen, wo stehen Banken derzeit?
Herbert Schild : Low-Code gibt es schon sehr lange. Appian selbst arbeitet bereits seit über 20 Jahren daran und steht daher auch federführend an der Spitze dieses Trends. Allerdings ist Low-Code nicht gleich Low-Code, da sehr viele Softwarehäuser in den letzten Jahren diesen Begriff etwas zu sehr erweitert haben und man hier vorsichtig sein muss, wenn es um Vergleiche und Anwendungsbeispiele geht. Banken haben das auch bereits bemerkt und haben sich in den letzten Jahren hier fachlich sehr stark weiterentwickelt. Diese Entwicklung hat uns selbst sicherlich sehr geholfen, da wir damit es viel einfacher haben, Banken von den vielfältigen Anwendungsbeispielen, die Low Code bietet, zu überzeugen und an Bord zu nehmen. Vor allem die Wiederverwendbarkeit und Expansion von bereits umgesetzten ähnlichen Fallbeispielen ist hier oft ein entscheidender Überzeugungsfaktor.
Gibt es mit Blick auf Banken etwaige Besonderheiten, etwa in Sachen Regulatorik?
Herbert Schild: Die Regulatorik war ja schon immer eine Herausforderung für den Bankensektor, vor allem weil sehr viele Mangelerscheinungen, die von den Aufsichtsbehörden veröffentlicht werden, im Grunde immer technische Lösungen und Software programmatische Folgen mit sich tragen. Der regulatorische Druck ist auch weiterhin gestiegen, allerdings sehe Ich schon in den letzten Jahren einen positiven Trend der „vorausschauenden Strategie“. Damit meine ich, dass einige Banken gelernt haben, schon im Vorfeld mehr in die Risikominimierung zu investieren, da die finanziellen und reputationsbedingten regulatorischen Folgen oft die dazu notwendigen Investitionen bei weitem übersteigen.
Gibt es Hürden, die speziell für den Bankensektor sind?
Herbert Schild: Hürden in dem Sinne, sehe ich eher als ein internes Problem bei den Banken an. Hier wiederum muss man zwischen kleineren, vor Ort agierenden Bankengruppen und FinTechs sowie Großbanken unterscheiden. Die organisatorische Größe einer Bank hat einen signifikanten Einfluss auf die Entscheidungseffektivität in Bezug auf Budget, Entscheidungsfindung, Prioritätensetzung und strategische Umsetzung.
Dies hat oft auch mit kulturellen Barrieren innerhalb einer Organisation zu tun und man müsste hier ähnlich wie Low-Code in einer viel agileren Weise den sogenannten „Tone at the Top“ durchzusetzen. Dazu ist aber auch der Vorstand und das Executive Management mehr gefordert, sich mit der Thematik der Automatisierung und Digitalisierung tiefer auseinanderzusetzen, um die damit verbundenen Möglichkeiten besser in strategischen Konzepten umzusetzen oder diese anzupassen. Appian steht hier natürlich immer gerne bereit, um entsprechende Diskussionen auf dieser Ebene zu führen.
Können Sie konkrete Beispiele nennen, was Banken bereits umgesetzt haben?
Herbert Schild: Also, um alle Beispiele zu nennen, die von Bedeutung sind, würden wir viel mehr Zeit benötigen. Es gibt hunderte verschiedene Anwendungsfälle im Bankenbereich in allen Bereichen angefangen in der 1st Line of Defense inklusive der Kundenseite, über die Berater-, Produkt- und Dienstleistungsseite bis hin zu Operations, wo oft viele manuelle Prozessanforderungen in Applikationsanwendungen automatisiert und digitalisiert werden. Das trifft für das gesamte Kunden-Onboarding und die spätere Kundenservisierung ebenso zu, wie die damit verbundenen Funktionen im KYC (Know-Your-Customer), Produktentwicklungs- und Managementbereich.
Dasselbe gilt für alle unternehmensinternen Funktionen. Abteilungen wie Personal (HR), Finanzwesen, Recht, Auslagerungssteuerung und Supplier Management sind hier immer wieder Kandidaten. Besonders stark verwendet man auch die 2nd Line of Defense, also die Risiko-. Compliance- und regulatorische Bereiche unsere Plattform, wo Appian für das gesamte Risiko- oder Compliance Management (AML, Fraud, Cyberthreat Management), sowie sehr spezialisierte Use Cases (Stress Testing, Horizon Scanning, Board Governance, Policy & Procedure Management, etc.) verwendet wird, da diese oft mit den sogenannten Out-of-the-Box Dienstleistern nicht schnell und flexibel genug abgedeckt werden können.
Man darf hier natürlich auch nicht die 3rd Line of Defense außer Acht lassen, die Interne Revision (Internal Audit), die vor allem in den letzten Jahren eine richtige Renaissance erlebt hat, wenn es um Low-Code Automation und Digitalisierung vor allem über den gesamten Prozessablauf geht. Zuguterletzt ist auch im IT-Bereich ein großer Umschwung mit vielen Anwendungsfällen zu beobachten, vor allem wenn es um die Orchestrierung von Systemen und Serviceleistungen geht, wie die Zentralisierung des Incident Managements, oder für die Erweiterung der Funktionalitäten (oder auch Ersatz) von Legacysystemen, da man viel schneller Applikationen entwickeln und anpassen kann. Wichtige Gründe warum Low Code immer stärker eingesetzt wird.
Banken „quälen“ sich derzeit mit ESG-Vorgaben. Auch ein Ansatz für Low Code?
Herbert Schild: ESG (Environmental and Social Governance) hat sich für uns im Low-Code Automationsbereich als ein großartiges Wachstumspotenzial erwiesen, da es hier im Grunde um die gesamtorganisatorische Umsetzung von vielfältigen Datenströmen geht, die entsprechend integriert, klassifiziert, geprüft, weitergeleitet, verarbeitet und zentral gesteuert werden müssen. Für jene, die im Bereich „Nachhaltigkeit“ und „Carbon Neutralität“ Verantwortung tragen, ist es gewiss eine Sache zu wissen, wo und welche Daten man herbekommt, um hier etwaige regulatorische und interne Berichterstattung zu ermöglichen.
Es ist aber eine ganz andere Sache zu wissen, wie man diesen Datenfluss von den vielen internen und externen Bereichen über viele unterschiedliche Möglichkeiten (E-Mail, Spreadsheets, Datenbanken, Systeme, etc.) anbinden und managen kann. Da kommt der Appian „Enterprise“ Plattform eine bedeutende Rolle zu, da ESG relevante Daten mittels individualisierter Automationsprozesse eingehoben, zentral verwaltet und unter der Kontrolle der verantwortlichen Arbeitnehmer begutachtet, gesteuert und verwendet werden können.
Appian bietet mit dem Konzept der „kompletten" Low-Code Automation alle erforderlichen Funktionen, Tools und Features an, um durchgehende Prozess- und Arbeitsablaufautomationen durchführen zu können. Dies ist besonders für das Management von ESG relevanten Aktivitäten unumgänglich, da dieser Bereich erst am Anfang des Wachstums steht und die zu erwartenden Datenmengen in der Zukunft mit den zu erwartenden steigenden technischen und regulatorischen Anforderungen immer größer werden.
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Banken bereits beginnen, die Appian Plattform als Vehikel nicht nur für die ESG-Datensammlung zu sehen, sondern als zentrales Medium um mittels Künstlicher Intelligenz und Process Mining (beides ebenfalls in Appian verfügbar) hier zusätzliche Erkenntnisse für neue Produkte, Dienstleistungen oder Kundenvorlieben zu entdecken; quasi eine Art Monetarisierung der ESG Daten zu erlauben.
Löst Low-Code das Problem der Schatten-IT?
Herbert Schild: Das glaube ich nicht. Als Schatten-IT wird ja von Mitarbeitern implementierte Hard- und Software bezeichnet, die von der jeweiligen IT-Abteilung weder getestet noch freigegeben wurde. Wenn wir von Low-Code sprechen, reden wir über einen Plattformansatz, der es Mitarbeitern ermöglicht Applikationen mittels visueller, objektorientierter Bausteine zu bauen.
Die Plattform „kodiert“ damit den Großteil der Software im Hintergrund selbst, daher der Begriff „Low-Code“ oder „wenig Kodierung“. Appian’s Plattformansatz als zentraler Ausführungsort hat hier auch den Vorteil, da alle dazu notwendigen Sicherheitsanforderungen, IT Entwicklungs- Test-, und Produktionsansprüche von der Plattform automatisch gesteuert werden. Der Level an Kontrolle ist hier vollkommen in der Hand der IT-Abteilung und erlaubt damit die Steuerung wer, wann und wieviel an Plattform Aktivitäten vom Developer oder End-User vorgenommen werden kann.
Appian hat hier sogar zusätzliche Intelligenz im Hintergrund auf der Plattform laufen, die automatisch Änderungen oder Anpassungen von Prozessen, Datenströmen, Workflows, Integrationen, etc. validiert und wo notwendig auch verhindert. Dabei ist es egal, ob die Appian Plattform in der Cloud, On-Premise, oder als Hybrid-Modell verwendet wird.
Low Code-Plattformen in der Cloud, eine gute Idee?
Herbert Schild: Ja, auf alle Fälle. Obwohl Appian, abhängig vom Use Case und der Bank Infrastruktur, auch als On-Premise oder als Hybrid-Modell verwendet wird, ist die Nutzung in der Cloud in vielen Punkten ein großer Vorteil. Bei Appian Cloud ist die gesamte Infrastruktur sofort verfügbar, was die Deployment von Applikationen stark beschleunigt und auf Industrie Best Practices basiert. Das bedeutet zum Beispiel Vorteile bei der Hardware, die zusammen mit der Serversoftware zur Verfügung steht und nicht erst vom Kunden angeschafft werden muss.
In der Cloud werden automatisch auch alle Upgrades durchgeführt und nicht nur die Software selbst, sondern auch die Services zur Bereitstellung der Upgrades. Sie haben auch eine redundante Infrastruktur für die Notfallwiederherstellung immer zur Verfügung. Das gilt natürlich auch für die Überwachung aller Funktionen, Sicherheitsscans von Drittanbietern und das kontinuierliche SLA-Monitoring. Auf der Software Seite liefert die Appian Cloud die gesamte serverbasierte Infrastruktur, Support und Wartung. Diese Vorteile machen sich natürlich in entsprechenden Kosteneinsparungen von der Capex- sowie Opex Seite deutlich bemerkbar.