Apple-Gründer Steve Jobs formulierte es so: “Get closer than ever to your customers. So close that you tell them what they need well before they realize it themselves“.
Der Begriff Big Data ist zu einem Schlagwort der digitalen Transformation geworden. In allen Bereichen einer modernen IT- und Geschäftsstrategie sind Daten zu einem zentralen Rohstoff aufgestiegen. Nicht nur agile FinTechs sondern auch die etablierten Player auf dem Finanz-(Dienstleistungs-)Markt haben den Wert von Daten erkannt. Dabei nutzen FinTechs für ihre disruptiven Geschäftsmodelle per Definition innovative Technologien wie Big Data und Data-Mining. Die Unternehmen im traditionellen Finanzsektor werden sich dem Wert ihrer – meist schon vorhandenen – Daten erst in den letzten Jahren immer bewusster.
Die IT muss Lösungen für die disruptive Dynamik der Digitalisierung mit entsprechenden Potenzialen in neuen Ökosystemen aufzeigen. Daneben steigt der Bedarf an schnellen Time2Market-Lösungen verbunden mit der Forderung nach stärkerer Flexibilisierung und optimierter Kundenorientierung. Durch Internet of Things (IoT) und Industrie 4.0 werden zusätzlich zu den im normalen Geschäftsbetrieb anfallenden Daten große Datenmengen aus dem World Wide Web generiert. Big Data Analysen in diesen großen Datenmengen müssen mit mehreren Dimensionen dieser Daten umgehen können und werden an diesen gemessen.
Die Herausforderungen sind die sogenannten 3 + 1 + 1 V‘s:
- Volume: Die Größe der anfallenden Mengen. Bei Big Data sind damit typischerweise sehr große Datenbestände bis in den Petabyte Bereich vorhanden
- Variety: Die Größe der Vielfalt der Datenquellen. Schon jetzt ist in Unternehmen eine Vielzahl von unterschiedlichen internen Systemen im Einsatz. Hinzu kommen in der Verarbeitung von Big Data Analysen externe Datenquellen, wie z. B. Social Media oder Google etc.
- Velocity: Die Geschwindigkeit, in der sich die Daten ändern. Was insbesondere im Kontext IoT und Streaming Data zu einer ansteigenden Geschwindigkeit des Anfallens von Daten führt. Realtime-Umgebungen sind dabei mittlerweile ein „Must“.
- Veracity: Die Richtigkeit der Daten. Diese Eigenschaft gewinnt zunehmend an Bedeutung und ergänzt die oben genannten klassischen drei „V‘s“. Den Daten wurde bisher viel zu wenig Bedeutung beigemessen und sie sind aufgrund fehlender „Ownerships“ in den Unternehmen meist in ungenügender Qualität, klarer Transparenz und geringer Data Governance vorhanden.
- Value: Der generierte Wert der CX-Daten für das Unternehmen, für den Kunden und für den Kunden des Kunden. Die Daten rücken somit als der wahre Geschäftswert in die Customer Experience zur optimierten Produktentwicklung und gesteigerten Kundenbindung in den Mehrwert einer Geschäftsentwicklung und -beziehung.
Data-Mining – auf der Suche nach den Nuggets
Das Data-Mining ist eine Unterdisziplin des Knowledge Discovery in Databases (KDD). Es ist der nächste logische Schritt in den anfallenden transformierten Datenmengen „gültige, bisher unbekannte und potenziell nützliche“ Informationen zu nutzen und daraus Wissen zu extrahieren. Diese Wissensextraktion beinhaltet insbesondere die Bestimmung von Regelmäßigkeiten, Gesetzmäßigkeiten und verborgenen Zusammenhängen. Der Bereich dieser Art von Informationsgewinnung kann sich als umfangreich und komplex erweisen. Somit ist es unerlässlich, dass der Prozess des Data-Minings von Fachwissen begleitet wird, um die Informationen verwerten zu können und daraus die richtigen Ableitungen bzw. logische Analysen zu generieren.
Diese aus Data-Mining gewonnenen Erkenntnisse und Informationen bestimmen in Zukunft die Geschäftsstrategie, beeinflussen Geschäftsmodelle und werden die Customer Journey in Form von Serviceangeboten und damit neuen Einnahmen – weg vom reinen Produktvertrieb – optimieren. Dabei ist die künftige Nutzung von Zahlungsverkehrsdaten, die mit der PSD2 (Zahlungsverkehrsrichtlinie) und der damit verbundenen Öffnung der Datennutzung neue Möglichkeiten zur Risikominimierung und der Vermeidung von Gefahren im (Cyber) Security-Umfeld bringen, auch eine notwendige Anreicherung von Daten bzw. Informationen. Und damit ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung des Big Data Zeitalters.Für ein nachvollziehbares und aussagekräftiges Ergebnis sollte der Prozess des Data-Minings strukturiert ablaufen. Wichtig ist dabei die vorhin genannte Regel- und Gesetzmäßigkeit, um iterativ die Optimierung der Versorgung mit Daten für das gesamte Geschäftsmodell – vom Vertrieb bis zum Meldewesen – zu erreichen. Folgende Phasen sollten im Prozess durchlaufen werden:
- Business Understanding: Der Grundbaustein jeder erfolgreichen Wissensgewinnung von Data-Mining ist das fachspezifische Wissen um das Unternehmen und die Branche. Nur das Zusammenspiel von Branchenkenntnis, Fachlichkeit und Know-how des Data-Minings bringen nachhaltige Ergebnisse und können einen Kontext herstellen
- Data Understanding: Darauf aufbauend muss eine Beurteilung der verwendeten Daten auf u. a. Qualität und Vollständigkeit erfolgen. Nur mit einem funktionierenden Data Quality Management kann beurteilt werden, ob die Datengrundlage akzeptabel ist
- Data Preparation: Anschließend ist eine Selektion, Vereinheitlichung und Bereinigung der Daten notwendig. Eine solche Datenzentrierung erleichtert die Analyse und ermöglicht eine interdisziplinäre, unternehmensweite Nutzung der Ergebnisse
- Modelling: Im Rahmen der Modellierung werden geeignete Methoden des Data-Minings auf dem in der Data Preparation erstellten Datenhaushalt angewandt. Hierbei werden in der Regel mehrere Modelle erstellt und die Parameter optimiert
- Evaluation: In der Evaluationsphase werden die erstellten Modelle auf Verwendbarkeit geprüft und die Qualität des Modells festgestellt. Diese Beurteilung erfordert fach- und unternehmensspezifische Kenntnisse des Business Understanding
- Deployment: In der letzten Phase werden die Ergebnisse aufbereitet und übermittelt. Auf Grundlage dessen wird der unternehmerische Impact ausgewertet und ein aktives strategisches Kontakt-Management und eine Customer Experience Transformation angestoßen
Eine regelmäßige Überprüfung der Ergebnisse dieses Data-Mining-Prozesses ist unerlässlich, um auf Veränderungen des Marktumfeldes zu reagieren und zukünftige Trends frühzeitig zu erkennen bzw. neue Serviceangebote zu etablieren. Dies bedingt das Zusammenspiel verschiedener Disziplinen und Unternehmenseinheiten. Gelingen kann das mit einem Change-Management auf neue, agile Vorgehensweisen und interdisziplinäre Teams.
Predictive Analytics: Gamechanger für Marketing und Vertrieb
Unter Predictive Analytics kann man eine spezielle Ausprägung des Data-Minings verstehen. Hierbei zielt die Analyse der bestehenden Daten auf die Vorhersage zukünftiger Ereignisse ab. Dazu werden die oben genannten Modelle, insbesondere statistische Methoden und Machine-Learning-Algorithmen, mit einbezogen. Somit bieten sich große Potenziale, die sich direkt beim Kunden und in der Außendarstellung des Unternehmens auswirken. Die Performance von Marketing und Vertrieb kann mit Predictive Analytics gesteigert werden. So wird ein besseres Ergebnis bei schlankem, gezieltem und somit effizientem Einsatz von Ressourcen und treffsichere Bedarfe der Kunden erreicht. Es lassen sich etwa mit Target Group Predict passende Neukunden identifizieren und eine gezielte und personalisierte Ansprache dieser ermöglichen. Kunden sind eher bereit Abschlüsse zu tätigen, wenn ihnen ein personalisierter und erlebnisreicher Service angeboten wird, der exakt ihre Bedürfnisse trifft. Beim Angebot von Finanzdienstleistungen werden von Kunden nicht nur reine Finanzprodukte, sondern auch zunehmend, je nach Lebensphase und -situation ein Mehrwert in Form von zusätzlichen Services, die die Bedürfnisse der Kunden allumfassend abdecken, erwartet. Auch im Bestandskundengeschäft können Potenziale analysiert werden. So verfolgt der Ansatz des „Next Best Offer“ die Ansprache des Kunden mit persönlichen Präferenzen – und adressiert dies genau zu dem Zeitpunkt, an dem die Kaufwahrscheinlichkeit hoch ist. Andere Anwendungsmöglichkeiten können automatisierte Marktsegmentierung/Clustering oder die Erweiterung einer Cross-Selling-Strategie oder die generische Voraussage von Kundenverhalten sein.
Früher waren es die „Banken im Umbruch“, heute ist es die digitale Transformation, die den enormen Wandel nicht nur in der Bankenbranche beschreibt. Doch was bedeutet Transformation in diesem Zusammenhang und was ist die Grundlage für eine erfolgreiche Veränderung? Jede Art von Transformation enthält:
- Envision von Wünschen und Anforderungen
- Engage von Möglichkeiten und Herausforderungen
- Transform von Notwendigkeiten und Maßnahmen und
- ein stetiges Optimize des aktuellen Status quo und ein Nachjustieren der technischen disruptiven Optionen
Dies ist die Grundlage für erfolgreiche strategische Veränderungen mit transparenten und authentisierten Informationen/Daten, die persönliche Wünsche/Erwartungen der Beteiligten und einen für die Aufgabenstellung geeigneten professionellen Transformationsprozess ermöglicht. In der heute digital werdenden Welt des „Internet-of-Things“ und der Vielzahl an disruptiven Möglichkeiten existieren mannigfaltige Instrumente, die Geschäftswelt so effizient und effektiv in ein neues Ökosystem zu verändern, dass neuer wertvoller Nutzen entsteht.
Trotzdem existiert offensichtlich ein Dilemma in der Umsetzung solcher Vorhaben. Denn einerseits haben viele Finanzdienstleister den ersten „Zug“ verschlafen, wie durch die Vielzahl an entstehenden FinTechs erfolgreich demonstriert wird. Andererseits überschreiten weiterhin über 80 Prozent der Projekte die strategischen Vorgaben wie Planbudgets, -termine oder erreichen eine zu geringe Abdeckung der Projekt-/Geschäftsziele.
Außerdem ist augenscheinlich, dass bei aller aktuellen Agilität die größten Herausforderungen für Menschen, Organisationen und Systeme darin liegen, dass der durchgängige und nachhaltige Umgang mit und die Bereitstellung von Daten für vielfältige Transformationen nicht in dem Maße für die klassische und statische Finanzwelt vorliegen, um auch die aktuell bestehenden Möglichkeiten durch die digitale Welt vollständig auszuschöpfen. Die vielen Herausforderungen für die Kreditindustrie erfordern einen Paradigmenwechsel in der Aufstellung der Finanzinstitute hinsichtlich Organisation, IT und Human Capital unter dem großen Asset der Daten & Informationen.
Herausforderungen
Es ist elementar – von der operativen bis zur strategischen Ebene sowie den regulatorischen Anforderungen – Herausforderungen im Kontext des Geschäftsmodells zu identifizieren. Übermäßige Abhängigkeit von manuellen Prozessen z. B. im Risikoreporting bergen nicht nur eine wenig ausgeprägte Effizienz, sondern auch regulatorische Risiken. Die Fähigkeit eine Maximierung der Automatisierung in Daten-Workflows zu definieren, steht meist Schwierigkeiten bei der Durchführung komplexer IT- und Dateninfrastrukturprojekten gegenüber. So existieren häufig Mängel im Projektmanagement und die Koordination mit anderen laufenden strategischen Programmen. Ziel sollte die Einführung einer Anwendungsfall-getriebenen Architektur oder einer strategischen und operativen IT-Integration mit einer unternehmensweiten Data Governance, Data Security und automatisierten Workflows, die in Kombination mit einem ausgeprägten Data Quality Management, einer gemeinsamen Data Architecture inklusive Datenmodell zu einer “goldenen” Datenquelle führen.
Ausblick
STRANGE Consult GmbH setzt zusammen mit seinen Kunden die strategische Transformation zur datenzentrierten Unternehmung in der Finanzdienstleistungsbranche um. Wichtig ist insbesondere die Strukturierung und die Simplifizierung bestehender Komplexität aus dem Zusammenspiel disruptiver Möglichkeiten, agiler Organisation und die Berücksichtigung des personalisierten Kundenbedarfs für eine interne und externe Customer Journey im Sinne „IT drives Business“.
Nur mit einer agilen, kreativen und übergreifenden Perspektive mit einer durchgängigen Akzeptanz im Unternehmen können die Veränderungen erfolgreich implementiert werden. Interdisziplinäre Kompetenzträger entwickeln auf Grundlage des STRANGE Transformationsmodells ein individuell zugeschnittenes Konzept zur ganzheitlichen Transformation im Unternehmen, welches sich für die Zukunft erfolgreich etablieren kann. Für eine effiziente Projektdurchführung sind hierzu nicht nur die Nutzung neuer agiler Formate von Bedeutung, sondern auch das Einbringen von Wissen über den Markt und die Kunden und das Überwinden von Silodenken im Unternehmen erforderlich.
Einige Player der Finanzdienstleistungsbranche sind bereits mitten im Enterprise Transformation Cycle und haben Verfahren zur Entwicklung einer datenzentrierten Unternehmung aufgesetzt. Für jedes Unternehmen ist dies im Digitalisierungszeitalter wichtig und unerlässlich. Der Wettbewerb um die Daten besteht schon seit geraumer Zeit; doch nun startet er durch und ist ein strategisches Kernkriterium für einen erfolgreichen Finanzdienstleister der Zukunft.