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Open Banking – bessere Kundenorientierung

Ein Artikel von Fabian Meyer, Managing Partner von COREconsulting | 08.02.2022 - 10:09
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Bank sind auf moderne IT-Architekturen angewiesen:  © Pixabay

Um diese Fragen fundiert beantworten zu können, hat EPAM Systems in Zusammenarbeit mit Opinium Research im Sommer 2021 jeweils 3.000 Personen in sieben Ländern befragt: neben Deutschland auch in den Niederlanden, in Großbritannien, den USA, Kanada, Hongkong und Singapur. Der globale „Consumer Banking Report 2021“ untersucht, wie sich die Einstellung der Verbraucher zum Bankgeschäft seit Beginn der Pandemie verändert hat. Er beleuchtet die Bedürfnisse und Erfahrungen der Bankkunden – auch der ganz jungen. Und er untersucht, welche Vorteile die klassische Hausbank noch hat und wie sie diese für eine bessere Kundenorientierung einsetzen kann. 

Open Banking ist in der Wirklichkeit angekommen

Ein zentrales Umfrage-Ergebnis lautet: 81 Prozent der deutschen Kunden sind mit ihrer Bank zufrieden. Die Werte sind im internationalen Vergleich nahezu unerreicht. Dennoch darf sich die Bank auf diesen Lorbeeren nicht ausruhen, denn zugleich sind die deutschen Nutzer auch zunehmend experimentierfreudig. Mehr als die Hälfte der deutschen Kunden könnte sich vorstellen, ein neues Konto bei einer ihnen bislang unbekannten Bank zu eröffnen. In Deutschland haben immerhin 29 Prozent mindestens einmal im vergangenen Jahr ihre Bank über einen Personal Voice Assistant, also etwa Alexa, Google Assistant oder Siri, genutzt. Und schon ein Fünftel der deutschen Erwachsenen gibt an, dass sie es in Ordnung fänden, wenn ein Unternehmen aus dem Bereich der sozialen Medien künftig Zugang zu ihren Bankdaten hätte und in der Lage wäre, Transaktionen direkt von ihrem Konto in den sozialen Medien auszulösen. Fazit: Der Kunde ist willens, neue Anbieter und Technologien zu nutzen. Open Banking ist seit der Zahlungsdienste-Richtlinie PSD2 längst in der Wirklichkeit angekommen, und die obligatorische Öffnung führte dazu, dass viele Institute Versuche wagen, die Öffnung aktiv und teils weit über das Vorgeschriebene hinaus zu gestalten und daraus Geschäftsmodelle zu entwickeln. 

Auf den ersten Blick unangenehm wird es für die Banken, wenn sich das Open Banking zu einem eingebetteten Finanzangebot von neuen, spezialisierten Dienstleistern erweitert und die Schnittstellen zur Bank gar nicht mehr benötigt werden. Die Bank verliert nicht nur die einzelne Transaktion, sondern vor allem die anfallenden Daten, die Auskunft gäben über Anlageverhalten und Präferenzen der Kunden. Sie ermöglichen das Cross- und Up-Selling. Fehlen der Bank diese Daten, hat sie es zusätzlich schwer, ihren Kunden maßgeschneiderte Finanzprodukte anzubieten. Aber diese tief in User Journey eingebetteten und hochindividualisierten Finanzdienstleistungen haben auch ein erhebliches Potenzial. Institute, die es schaffen, diese Dienstleistungen in Kooperation mit Plattformen und anderen Providern anzubieten, haben nicht nur durch Skalen erhebliche Vorteile. Das Learning: Banken müssen ihre Dienstleistungen künftig noch viel konsequenter als Mehrwert in einem Nicht-Bank-Use-Case begreifen und die dafür notwendigen technischen Voraussetzungen schaffen.

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Fabian Meyer verantwortet als Managing Partner von COREconsulting, einem Unternehmen von EPAM Systems, Berlin, die Umsetzung komplexer IT-Projekte in der Finanzindustrie. 

Lokale Bankfilialen und physischer Kontakt wichtiger denn je 

Einen entscheidenden Vorteil haben die traditionellen Bankhäuser noch gegenüber den modernen Finanzdienstleistern: Sie können auf eine reale Infrastruktur zurückgreifen. 27 Prozent der Befragten unseres globalen Consumer Banking Report 2021 gaben an, dass ihnen eine lokale Bankfiliale sehr wichtig ist. Und 26 Prozent der deutschen Kunden gaben an, dass der physische Kontakt zum Bankberater in Zeiten der Pandemie sogar noch wichtiger geworden sei. Es sind allerdings nicht nur die Filialen, sondern insbesondere die Bankberatung und die spezifische, auf den Kunden zugeschnittene finanzielle Bildung, die an Bedeutung gewinnen. Auch hier wäre eine Art Open Banking denkbar: Von der Einbindung des persönlichen Bank-Beraters oder eines speziellen Service-Angebotes auf externen Plattformen bis hin zu hybriden Community-Events mit Partnerunternehmen der Bank. Die Hausbanken sollten das Filialnetz nicht nur als Einsparpotenzial, sondern als Vorteil begreifen und genau analysieren, wie es weiterentwickelt und in ein neues, offeneres Banking-Konzept integriert werden könnte. 

Dafür ist die Bank auf moderne IT-Architekturen angewiesen: Es geht um die Entkoppelung von Services sowie die Entwicklung und Bereitstellung von Schnittstellen, die die Gestaltung von dynamischen Ökosystemen ermöglichen. Um Entscheidungen schnell systemgestützt treffen zu können, bedarf es eines hohen Automatisierungsgrads der Prozesse. Zudem sollten die Systeme darauf ausgerichtet sein, dass sie hochverfügbar, leicht integrierbar und skalierbar sind. Customer Centricity sorgt dafür, dass die User Experience beim Design des Produktportfolios der Banken im Mittelpunkt steht. Die User Journeys innerhalb der Bank müssen auch zu nachgefragten Drittprodukten im eigenen System führen. Oder die Bank muss eigene Dienstleistungen in externe User Journeys einbinden. Ohne exzellente UX werden es die Banken künftig sehr schwer haben, sich im Geschäftsfeld Finance behaupten zu können.

KI, APIs und DLT als Lösungsansätze

Um preissensible Kunden zu halten, muss die Bank zudem die Kostenbasis reduzieren – das geht nur mit dem konsequenten Einsatz von neuen Technologien wie etwa Cloud-Native sowie individueller Softwareentwicklung. Ein immer größeres Sicherheitsbewusstsein erfordert Security und Regulation by Design. Und für das Filialkonzept gilt: Bestehende Prozesse müssen mit einem ambitionierten Community Building und einem umfassenderen Beratungsangebot den veränderten Kundenbedürfnissen angepasst werden. Die traditionellen Banken sollten für diese Herausforderungen auf den Einsatz von KI, APIs, Banking-as-a-Service-Plattformen und externer Branchenexpertise setzen und die Technologien in eine digitale Transformationsstrategie einbetten. Aber auch das Thema DLT gewinnt zunehmend an Relevanz. Künstliche Intelligenz kann UX-Banking ganz wesentlich beeinflussen – sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Interaktion des Kunden mit der Bank. Sie erkennt Muster und kann so die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden verstehen und entsprechende Handlungsempfehlungen ausgeben.

Die Diversifizierung der Finanzdienstleistungen, die Einbindung neuer Kanäle, Plattformen und Technologien in die Bank-IT werden selbstverständlich werden. Die Banken haben die Chance, ihre Stärken zu nutzen und auszubauen: Die Filiale wird dann zum Zentrum einer hybriden Finanzwelt, in der die Beratungskompetenz der Bank dem Kunden vor Ort und im Netz Orientierung und Vertrauen gibt. Die Hausbank ist dann sicher nicht mehr der einzige Finanzdienstleister im Leben des Kunden. Aber sie wird einer der wichtigsten Knotenpunkte in seinem Finanz-Netzwerk bleiben.