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Kreditvermittlung: Reibereien zwischen Plattform und Bank

Ein Artikel von Daniel Rödel, Consultant bei Fort.Schritt | 20.04.2021 - 12:00
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Daniel Rödel, Consultant bei Fort.Schritt

Für Anbieter wird es immer schwieriger, ihr Kreditportfolio allein über traditionelle Vertriebskanäle direkt zu platzieren. Denn sowohl Kunden als auch freie Vermittler setzen seit Jahren verstärkt auf Kreditvermittlungsplattformen (KVPs), um Konditionen zu vergleichen und den besten Anbieter zu ermitteln. Bereits heute generieren beispielsweise einige Sparkassen rund 80 Prozent des Neugeschäfts im Bereich Baufinanzierung über KVPs. Die Covid-19-Pandemie hat die Lage für Kreditinstitute zusätzlich erschwert. Um weiterhin am Markt Bestand zu haben, ist eine Zusammenarbeit mit den Plattformen daher mittel- bis langfristig unumgänglich. 

Kernprobleme im Kreditvermittlungsprozess

Obwohl die Anzahl der über KVPs vermittelten Finanzierungen kontinuierlich ansteigt, bleibt der Ablauf der Kreditvermittlung für Banken oft ein umständliches Unterfangen. Zwei wesentliche Probleme belasten die Zusammenarbeit:

  • Unzureichende Informationsqualität 

Standardabfragen, die Kunden oder freie Vermittler auf den Plattformen ausführen, sind häufig zu oberflächlich oder nicht umfassend aufgesetzt. So werden unter anderem weiche Faktoren wie zum Beispiel eine zu hohe Eigenleistung oder Grundbucheinträge zu Nutzungs- und Wohnrechten, nur unzureichend oder gar nicht berücksichtigt. Dadurch gelangen Banken in das Raster „potenzielle Kreditgeber“, welche die Finanzierungsanfrage aber aufgrund genau dieser Kriterien im fortlaufenden Prozess ablehnen werden. Auf der anderen Seite stellen viele Kreditinstitute den Plattformen zu wenig Zusatzinformationen über die Kreditvergabekriterien zur Verfügung. Diese sind jedoch nötig, um Finanzierungstendenzen von Beginn an einzusehen und unpassende Optionen bei digitalen Anfragen direkt auszuschließen.

Dieser lückenhafte Informationsaustausch wirkt sich auch unmittelbar auf die Kommunikation aller Beteiligten aus. So kommt es häufig zu An- oder Rückfragen, um weitere oder fehlende Informationen einzuholen. Dafür muss sich eine Bank in der Regel erst an einen Betreuer der Plattform wenden, der die Anfrage wiederum an den Kunden bzw. an den Vermittler weiterleitet – und umgekehrt. Aufgrund dieses langen Kommunikationsweges kann die Beantwortung einer einfachen Anfrage mehrere Tage dauern. Kommt es dabei zu Missverständnissen oder Unklarheiten, wartet der Endkunde gegebenenfalls sogar wochenlang auf den Abschluss einer Finanzierung. 

  • Hoher Ressourcenaufwand durch mangelnde Rückverfolgung

Nach einer Finanzierungsanfrage über eine KVP erhält der Nutzer gleich mehrere – vermeintlich passende – Angebote von verschiedenen Banken. Bei jeder kann er nun eine Kreditanfrage zur qualifizierten Prüfung einreichen. Nicht selten zieht der Nutzer dafür mehrere KVPs heran und verdoppelt dadurch die Menge der Anfragen. Das Problem: Das System einiger KVPs fragt im Anschluss nicht fortlaufend und in der Regel erst sehr spät beim Kunden oder Vermittler an, wie der aktuelle Status ihrer Anfrage ist – erledigt, zurückgezogen oder aktiv. Unaufgefordert geben der Kunde oder die Bank diesen Status meist nicht an die KVP weiter. Das hat zur Folge, dass potenzielle Kreditgeber die Anfrage weiter prüfen, während bereits eine andere Bank den Zuschlag erhalten hat. Das bindet unnötig personelle Ressourcen.

Kreditinstitute stehen durch die digitalen Kreditvermittlungsplattformen vor großen prozessualen und strukturellen Herausforderungen und müssen sich für eine effiziente Zusammenarbeit besser rüsten.


Daniel Rödel

Den passenden Lösungsansatz finden

Da bei den KVPs bislang kaum eine Tendenz zu erkennen ist, ob die Systeme angepasst werden, liegt es vorerst an den Kreditinstituten, den bankinternen Kreditprozess zu überdenken. Dafür sollten sie folgende Optionen näher betrachten: 

Prozessoptimierung: Auf das klassische Filialgeschäft ausgelegt und durch manuelle Arbeitsschritte geprägt – so sieht nach wie vor der Prozessablauf bei Kreditanfragen in vielen Instituten aus. Empfehlenswert wäre ein zweiter, auf die Anfrage von digitalen Plattformen ausgerichteter Kreditprozess. Dadurch würde die Komplexität des bereits bestehenden Ablaufes nicht noch mehr erhöht. Außerdem könnten weitere Optimierungspotenziale im Prozessablauf ausgeschöpft werden. Anfragen und Entscheidungen über Finanzierungsangebote könnten so zentral gesteuert und schneller geprüft werden. Das wiederum entlastet die Mitarbeiter am Point of Sale.

Digitale Schnittstellen: Für die reibungslose Übermittlung der Daten zwischen KVPs und Banken sind einheitliche digitale Schnittstellen wichtig. Damit erfolgt bereits bei der Antragseinreichung automatisiert eine erste fachliche und strukturelle Prüfung der Daten. Manuelle und zeitintensive Folgeschritte können Banken so reduzieren oder ganz abschaffen. Die zusätzliche Verknüpfung eines (bestehenden) Kommunikationsmoduls ermöglicht Kreditinstitut und KVP zudem eine schnellere Kommunikation. Die Nachrichten werden dabei zentral gespeichert und sind jederzeit aufrufbar. Für alle Beteiligten steigt so die Transparenz im Bearbeitungsprozess.

Produktgestaltung: Eine weitere, wenn auch aufwendigere Möglichkeit für eine effizientere Kooperation sind neue, standardisierte Produktangebote der Banken. Diese lassen sich bei Anfragen über KVPs leichter prüfen, was den Bearbeitungsaufwand für die Kreditinstitute deutlich verringert. Außerdem erhalten Vermittler oder Kunden auf den KVPs so eine passendere und vielversprechende Auswahl an Angeboten. Die Informationsqualität würde folglich steigen.

Selbst zum Vermittler werden: Für Banken gibt es auch die Möglichkeit, selbst die Position des Kreditvermittlers einzunehmen. Dadurch gelingt es ihnen, Kunden zu binden, denen sie selbst kein passendes Finanzierungsangebot unterbreiten können. In solch einem Fall leitet die Bank die bereits erfasste Kreditanfrage über eine eingerichtete Schnittstelle direkt zu einer KVP weiter. Der Bankberater erhält von der Plattform bestenfalls gleich mehrere Angebote, wovon der Kunde das passendste auswählen kann. Dieser schließt die Finanzierung dann bei der Bank ab, die zwar nicht selbst der Kreditgeber ist, jedoch als Vermittler einen Provisionserlös erhält.

Zukunftssicher aufstellen

Die herkömmliche Finanzierungsberatung birgt einen erheblichen Kostenfaktor, den viele Kreditinstitute zukünftig immer schwerer stemmen können. Die Kooperation mit KVPs bietet einen wichtigen Vertriebskanal, den Banken vor allem durch eine enge Verzahnung und automatisierte Prozesse gewinnbringend nutzen können. Die Digitalisierung von Kreditvergabe und Kommunikationswegen zählt als entscheidender Faktor dazu. Ergänzt durch ein optimiertes Produktangebot bleiben die Finanzinstitute flexibler und stellen sich auf die aktuellen und zukünftigen Marktbedingungen und Kundenerwartungen ein.