Geldautomaten in Pandemie-Zeiten

Ein Artikel von Thomas Mareis | 21.06.2021 - 12:00

Die Deutschen nutzen seit Beginn der Corona-Pandemie immer seltener den Geldautomaten, der Gebrauch von Bargeld hat deutlich abgenommen. Dennoch zahlt noch immer eine deutliche Mehrheit gerne bar.

Ansteckung am Terminal

Dabei ist das Risiko, an Geldautomaten mit Krankheitserregern in Kontakt zu kommen nicht neu. Bereits vor einigen Jahren haben Studien gezeigt, dass sich auf den Tastenblöcken der Gelautomaten ebenso viele Keime und Viren tummeln wie auf öffentlichen Toiletten. Die Pandemie hat allerdings jetzt das Gefahrenpotenzial deutlich erhöht. Viren, die Atemwegserkrankungen verursachen, werden in der Regel von Mensch zu Mensch über Aerosole in der Raumluft übertragen. Eine Ansteckung über Oberflächen wie beispielsweise Geldautomaten oder Bankschalter, die nicht zur direkten Umgebung eines Erkrankten gehören, ist unwahrscheinlich. Eine Übertragung über unbelebte Oberflächen ist bisher nicht dokumentiert.

Viren, die kurz zuvor auf Oberflächen gelangt sind, können allerdings durch Schmierinfektion auf eine andere Person übertragen werden. Im konkreten Fall Geldautomat müsste eine infizierte Person infektiöse Sekrete darauf hinterlassen haben, die dann bei Berührung auf den nächsten Kunden übergehen könnten. Berührt dieser dann sein Gesicht mit den Händen, ist eine Virusübertagung denkbar. Geldinstitute beugen daher vor, indem sie ihre Automaten in regelmäßigen Abständen reinigen bzw. desinfizieren. Das Risiko, sich bei Berührung eines Geldautomaten mit dem Corona-Virus zu infizieren, ist somit denkbar gering.

Geld stinkt nicht

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Kontaktlose Interaktion © Diebold Nixdorf

Auch ist eine Übertragung durch möglicherweise mit dem Corona-Virus kontaminiertem Bargeld quasi auszuschließen. Eine Untersuchung aus früherer Zeit hat zwar bestätigt, dass Grippeviren auf Banknoten rund zwei Wochen überleben können, bislang ist jedoch keine Covid-19-Virusübertragung mittels Bargeld nachgewiesen. Da viele Geldautomaten immer noch mit Scheinen frisch aus der Bundesdruckerei beschickt werden oder das aufgefüllte Geld länger nicht in Umlauf und somit keimfrei ist, haben Automatenkunden beim Abheben von Bargeld am Automaten kein erhöhtes Risiko, mit den Geldscheinen ansteckende Viren zu erhalten. Besonders gefährdete Personen können den direkten Kontakt mit der Tastatur vermeiden: Dazu können Karteninhaber Schutzhandschuhe, ein Taschentuch oder einen Stift für die Bedienung des Automaten nutzen. Berührungslos bedienbare Automaten gewinnen immer mehr an Bedeutung, allerdings eher um den Reinigungsaufwand zu verringern als die Ansteckungsgefahr zu senken. Der positive Nebeneffekt der verbesserten Technik dürfte sein, dass sich neben den Corona-Viren auch andere Keime und Bakterien besser kontrollieren und deren Verbreitung verhindern lassen. Generell sind Geldautomaten aber nicht die größte Gefahr für Schmierübertagungen, hier liegt der Haushalt eindeutig vorne. Silikonfugen beherbergen viele Keime, ebenso Geschirrhandtücher und Kühlschränke. Da diese ja im Normalfall nur von einem Haushalt genutzt werden, ist die Gefahr, dass es dort zu einer Übertragung von Corona-Viren kommt, sehr gering.

Geld abheben per NFC

Das berührungslose Abheben von Bargeld am Geldautomaten ist in Deutschland noch nicht sonderlich weit verbreitet. Dabei ließen sich beispielsweise Apple Pay oder Google Pay mittels Near Field Communication (NFC) über das Smartphone dazu nutzen. Die App VR-mobileCash der VB- Bank bietet dieses Feature. Die Debitkarte oder Kreditkarte wird dabei nicht benötigt.

Neue Technik in Bankfilialen

Die Postbank setzt vor allem aus Gründen der Wirtschaftlichkeit auf so genannte Kompakt-Filialen und rüstet bereits einige Standorte dementsprechend um. Sie verfügen über moderne Selbstbedienungstechniken und neue, automatisierte Kassensysteme, die Bezahl- und Wechselgeldvorgänge erleichtern und beschleunigen sollen. Darüber hinaus erhöht das Kassensystem den Sicherheitsstandard vor Ort, da der geschlossene Bargeldkreislauf keinen Zugriff von außen zulässt. Dank des neuen Kassensystems kann die Filiale bei Bedarf auch von einer einzelnen Person betreut werden, da die neuartige Technik das ansonsten notwendige Vier-Augen-Prinzip entbehrlich macht, nach welchem immer mindestens zwei Mitarbeiter in der Filiale anwesend sein müssen.

Das kontaktlose Bargeldabheben ist sowohl an den hier im Schalterbereich eingesetzten, kundenbedienten Kassensystemen (Cash Recycler), als auch an den klassischen Geldautomaten der Postbank derzeit nicht möglich. Kunden können jedoch das Cashback-Verfahren des Einzelhandels nutzen. Diejenigen, die bereits eine Kontaktloskarte besitzen, können sich beim teilnehmenden Einzelhandel mit bis zu 200 Euro kontaktlos mit Bargeld versorgen – unter Beachtung des jeweiligen Mindesteinkaufswertes.

Berührungslose Automatenbedienung

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Die Funktionen des Cash Recyclers von KEBA lassen sich per Smartphone bedienen © KEBA

Mit dem CS 5500/CS 5550 bietet Diebold Nixdorf beispielsweise einen Geldautomaten für den Lobby-Bereich oder den Wandeinbau im Außenbereich an, der auch für höhere Transaktionsvolumina geeignet ist und zudem einen mobilen Zugriff via NFC- oder QR-Code bietet. Die Karten- und Identifikationsverarbeitung ist vielfältig und teilweise berührungslos: ein Fingerabdruckscanner, ein EMV-fähiger Kartenleser, ActivEdge, motorisiert oder DIP sowie ein kontaktloser Kartenleser und ein Barcodescanner sind vorhanden. Geld ohne physischen Kontakt mit dem Terminal einzahlen oder abheben ermöglicht beispielsweise das KEBA evo System. Novum hat 2020 in Polen eine Software entwickelt, die mit den Geräten von KEBA zusammenarbeitet. Damit können Kunden in Polen mittels Smartphone kontaktlos auf die Funktionen des Cash Recyclers von KEBA zugreifen.

Auriga, ein Anbieter von technischen Lösungen für das Omnichannel-Bankwesen und den Zahlungsverkehr, gab im Februar dieses Jahres die Partnerschaft mit ACI Worldwide, einem Anbieter von Software und Lösungen für den digitalen Echtzeit-Zahlungsverkehr, bekannt. Die Unternehmen wollen die nächste Generation der Geldautomaten- und Self-Service-Banking-Plattform auf den Markt bringen. Diese soll das Omnichannel-Banking-Erlebnis für Verbraucher weltweit verbessern.Die Enterprise Payments Plattform von ACI Worldwide unterstützt die Banken bei der Verwaltung neuer Zahlungsmethoden, -Standards und -Regulierungen, um die digitale Transformation zu ermöglichen. Im Rahmen der neuen Partnerschaft wird die Plattform von ACI mit der Omnichannel-Banking-Lösung WinWebServer (WWS) von Auriga integriert. Damit steht Banken die nächste Generation des Self-Service-Bankings zur Verfügung, die physische und digitale Kanäle auf einer sicheren Technologieplattform zusammenführt. Die gemeinsame Lösung wird einen verbesserten Kundenservice bieten, dank der Integration von Geldautomaten mit mobilen und Internet-Self-Service-Funktionen.

Online Bezahlangebote legen zu

Um dem Kundenwunsch nach bargeldlosem Zahlungsverkehr besser nachkommen zu können, pushen einige deutsche Geldinstitute ihr Online-Bezahlverfahren Giropay. Mehrere genossenschaftliche und private Institute haben sich unlängst auf ein einheitliches Verfahren geeinigt und ihre Systeme Paydirekt, Giropay und Kwitt unter der Marke Giropay zusammengeführt. Damit wollen sie eine Alternative Platzhirschen zu Paypal, Apple Pay und Co. anbieten. Geplant ist weiterhin, die Girocard als eine der populärsten Debitkarten in das System zu integrieren.

Digitale Alternativen für das Bargeld sind im Kommen, das wird sich auch im demoskopischen Wandel der Kundschaft bald deutlicher bemerkbar machen. Bis zur Abschaffung des Bargelds dürfte es jedoch noch ein langer Weg sein, und so lange werden uns auch moderne Geldautomaten wichtige Dienste leisten.